Good News, es gibt wieder ein Neustadtlab auf der Schütz! Da formiert sich gerade ein Verein, der bestenfalls dann auch die kommende, gewissermassen offizielle Zwischennutzung für drei Jahre bestreiten möchte. Zunächst gibt es aber noch einmal eine (von der Stadt finanziell auch wieder unterstützte) Zwischenlösungs-Zwischenlösung.
Den Auftakt zur autofreien Schützenmatte macht das No Borders-No Nations-Festival der Reitschule am 27. und 28. Juli 2018. Dann wird aufgebaut und eine Woche später kann wieder experimentiert werden im Berner Städtebau-Labor. Aber was versucht man da genau eigentlich herauszufinden? Gute Gelegenheit für einen guten Text. Der Stadtplaner Christoph Haerle spannt in einem Gespräch mit Philipp Sarasin einen grossen Bogen, von den Foren der Römer bis zu den Public Spaces von heute.
Es erfolgt sogar eine Dreiteilung, indem im Hochmittelalter, von Italien bis Deutschland, die drei Mächte der Politik, der Wirtschaft und des Kultes ihre je eigenen öffentlichen Räume schaffen – den Marktplatz, den Domplatz und den politischen Platz, wie etwa in Siena die Piazza del Campo oder in Rom den Campidoglio. Das ist der Platz, der eine Loggia hat, von der aus verkündet wird, was die Politik zu sagen hat; der Platz vor der Kirche hingegen ist der Ort der Prozessionen, und auf dem Marktplatz steht der Brunnen, an dem nach dem Mercato gewaschen werden konnte. Mit anderen Worten, das, was bei den Römern, zumindest in der Zeit der Republik, noch auf einem Platz zusammengehalten wurde, hat sich im Mittelalter auf drei Plätze verteilt.
Das passt nun irgendwie gar nicht mehr heute. Dann kamen die Bürger und reclaimten die Strassen.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert allerdings wurde mit dem bourgeois der Besitzbürger zelebriert, der sich als Mit-Besitzer des öffentlichen Raumes verstand. Hier spielte allerdings eine listige Dialektik: Indem der bourgeois gegen die vollständige Vereinnahmung des öffentlichen Raumes durch die Macht auf der Teilhabe, auf der Teilnahme am öffentlichen Raum bestand, war er immer auch citoyen, Staatsbürger, politischer Bürger.
Und dann kam, hoppla, die Postmoderne.
[…] die Verbindung zur Frage nach dem postmodernen Raum ist sicher darin zu sehen, dass diese neuen Räume nicht mehr auf den Zweck hin konzipiert wurden, sie für die klassischen politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Funktionen auszustatten.
Von da an kreist das Gespräch eigentlich um eine Leerstelle: Wenn für einen heutigen öffentlichen Raum keine dieser Funktionen mehr gilt, welche tritt dann an deren Stelle? Aber vielleicht ist das ja nicht Problem, sondern Lösung. Denn dann sagt Hearle noch etwas, das man ganz gut als Schütz-Motto brauchen könnte, oder?
Ich bin der festen Überzeugung, dass öffentliche Räume nur dann gute öffentliche Räume sind, wenn sie funktional unterbestimmt sind.
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